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Sauerstoff und das Leben

Bei Menschen, Tieren, Pflanzen und Bakterien spielt der Sauerstoff eine entscheidende Rolle für die Energiebereitstellung aller Lebensvorgänge. Dabei geht es um das „Funktionieren“ der Lebewesen, also um den Prozess des Lebens an sich. Leben heißt, Energie von außen aufzunehmen, zu wachsen, Schäden zu reparieren und nächste Generationen zu reproduzieren.

Sauerstoffproblematik

Die in vielen Publikationen angesprochene Sauerstoffproblematik beruht im Wesentlichen darauf, dass der Sauerstoff als ein für Lebewesen lebensnotwendiges Element in seiner atmosphärischen Form sehr wenig reaktiv ist. Um mit anderen Biomolekülen (den Nährstoffen) zu reagieren, muss er deshalb erst aktiviert werden. Bei dieser Aktivierung entstehen jedoch Sauerstoffspezies, die nicht nur in der gewünschten Form reaktiv sind, sondern darüber hinaus auch aggressiv und sogar toxisch wirken. Die biologische Nutzung des Sauerstoffs geschieht also auf einem Grat zwischen der Notwendigkeit der Sauerstoffaktivierung und der potentielle Toxizität des aktivierten Sauerstoffs.

Sauerstoffversorgung des Körpers

Die Sauerstoff-Aufnahme, und -verteilung des Organismus geschieht vorwiegend durch drei Hauptfunktionsbereiche:
– durch Atmung und Aufnahme (durch Diffusion, d. h. Eigenbewegung, angetrieben durch einen Unterschied der Sauerstoff-Spannung) in das Blut in den Lungen,
– durch Sauerstofftransport mit dem Blut (nämlich gebunden an den roten Blutfarbstoff Hämoglobin in den roten Blutzellen, den Erythrozyten) in den Blutgefäßen (dieser ist notwendig, weil Diffusion jeweils nur über maximal einige Hundertstel Millimeter erfolgen kann),
– durch Sauerstoff-Abgabe aus dem Blut und Diffusion in die Zellen, wo der Sauerstoff-Verbrauch stattfindet.
Die Sauerstoffversorgung ist abhängig vom Sauerstoff-Angebot an die Lunge, von einem ausreichend pulmonalen (die Lunge betreffend) Gasaustausch der Sauerstoff-Transportfähigkeit des Blutes und der Blutversorgung und dem Gasaustausch der Gewebe. Von großer Bedeutung ist dabei die Sauerstoffkaskade: Darunter versteht man die Diffusion des Sauerstoffs jeweils von einem Ort höherer zu einem Ort niedriger Sauerstoff-Spannung.

Sauerstofftransport durch das Blut:

Das vom pumpenden Herzen im Blutgefäßsystem bewegte Blut transportiert den in der Lunge aufgenommenen Sauerstoff zu den Organen und Geweben (– außerdem transportiert es das dort gebildete Kohlendioxid zur Lunge zurück). Dieses gesamte Verteilersystem hat die Aufgabe, den Sauerstoff in den Lungen aufzunehmen, zu binden, zu transportieren und am Zielort in der entsprechenden Menge wohl dosiert wieder abzugeben, ohne dass dabei größere Verluste oder Schäden auftreten.
Das Blutvolumen eines erwachsenen Menschen beträgt etwa 5 kg, bestehend größtenteils aus Wasser und Hämoglobin und grob geschätzt aus 1000 g Sauerstoff. In einem Kilogramm Blut befinden sich zu dessen Bindung etwa 5 Billionen Erythrozyten (rote Blutkörperchen), deren Hauptfunktion der Transport von Sauerstoff von den Lungen ins Gewebe ist,

Bluttransport im Blutgefäßsystem

Die Transportwege, auf denen der aufgenommene Sauerstoff mit Hilfe der Erythrozyten (eine Art Flüssigkeitstropfen, die sich optimal an alle Strömungsbedingungen des Blutes anpassen) transportiert wird, sind die Blutgefäße, also die Arterien, Kapillaren und Venen, die zusammen mit der Verbindung des Herzens das sogenannte kardio-vaskuläre System bilden. Dabei handelt es sich um ein Transportsystem, in dem sich Pumpe (Herz) und Transportmittel (Blut) in einem in sich geschlossenen System von elastischen Röhren (Gefäße) bewegen (Blut-Kreislauf). Die wichtigste Aufgabe dieses Systems ist es, alle Zellen des Organismus sowohl mit den für ihre normale Funktion erforderlichen Stoffen (insbesondere auch Sauerstoff und Nährstoffe) zu versorgen und alle Stoffwechselprodukte der Zellen (Kohlendioxid und andere Metabolite) abzutransportieren. Dazu verzweigen sich die Arterien (vom Herzen kommende Druckgefäße) immer weiter, bis sie schließlich als feinste Kapillaren alle Zellen des Körpers bis auf wenige Bruchteile von Millimetern fast erreichen, bevor sie sich wieder zu größeren Sammelgefäßen (den Venen) vereinigen.
Da der Sauerstoff- und Nährstoffverbrauch (der Energieumsatz) des Gesamtorganismus stark von der erbrachten Leistung abhängt, ist der Blutkreislauf einer Vielfalt von Regulationsprozessen und -systemen unterworfen.

Mikrozirkulation und Sauerstoff-Diffusion ins Gewebe

In den kleinsten Blutgefäßen, den Kapillaren, verlässt Sauerstoff seine Bindungsstelle am Hämoglobin und diffundiert – der örtlichen Spannungs-Kaskade folgend – in die Gewebe und Zellen, wo er in den Kraftwerken der Zellen, den Mitochondrien, mit den Nährstoffen chemisch umgesetzt wird.

hämoglobin Illustration: Richard Wheeler

Hämoglobin Fakten

Hämoglobin ist ein Sauerstoff-transportprotein, welches in Menschen und Wirbeltieren vorkommt. Es ist ein eisenhaltiger roten Blutfarbstoff in den Erythrozyten (roten Blutkörperchen). Durch Hämoglobin wird der Sauerstoff-Transport im Körper ermöglicht. Jedes rote Blutkörperchen enthält etwa 280 Millionen Hämoglobin-Moleküle. Jedes Molekül besteht aus einem Eiweißanteil (Globin) und dem Farbstoff Häm. Zum Sauerstofftransport kann Hämoglobin vier Sauerstoff-moleküle binden. Bemerkenswert ist der Prozess der positiven Kooperativität bei der Bindung, denn die Sauerstoffaffinität nimmt mit steigender Beladung zu. Das Hämoglobin ist eines der bestuntersuchten Proteine. Es wurde 1840 von Hünefeld entdeckt, seine Struktur wurde als eine der ersten überhaupt von Max Perutz et al 1959 mit Hilfe der Röntgenkristallographie ermittelt.